Nevado Tres Cruces Nationalpark, Chile

Es ist 20:30 Uhr und wir haben die Unterkunft bezogen, einen tollen Tag gehabt und so viel erlebt und gesehen.

Jetzt sitze ich hier mit einem fantastischen Ausblick.
Wiedermal kommt mir in den Sinn: Selten habe ich mich besser, freier oder reicher gefühlt.

Nun ist es Zeit fürs Abendessen und unser Guide Jaya zaubert etwas auf den Gaskochern…

Anfängliche Zweifel, ob ein Ausflug über 27 Stunden für einen Haufen Geld sich lohnt, sind verflogen. Die vollkommene Ruhe und der Einklang mit der Natur unbezahlbar, die Stimmung lässt sich weder in Ton noch Bild einfangen, denn die Außenwelt scheint völlig abgeschieden zu sein. Die Sonne leuchtet die Bergspitze über der Laguna Santa Rosa an und taucht alles in die schönsten lila Töne…

Ich kann mein Glück gar nicht fassen, geschweige denn Worten finden, die dem Ausdruck verleihen.

Doch fange ich mal am Anfang an.

Heute Morgen, es ist der 13.November 2018, ging es um 9:30 Uhr los. In einer kleinen Gruppe (4 Personen) und dem Guide, der den Truck fährt.

Auf geht’s in eins der abgelegensten Schutzgebiete in Chile. Sehr wenig besucht, weder viele Touristen noch Einheimische begeben sich in dieses Gebiet, denn der Nationalpark Nevado Tres Cruces  liegt zu weit ab vom Schuss, nahe der argentinischen Grenze in den Hochanden.

Eine Infrastruktur für Touristen? Fehlanzeige.

Es gibt kleine Refugien, die sozusagen die Ausnahme für eine touristische Infrastruktur im Park bieten.

Erster Stopp, eine Tankstelle, die letze, bevor wir den Weg in die Wüste passieren.

Hier wird sich mit Schokolade und anderen Energiequellen eingedeckt!

Alle zurück im Truck, alle startklar?! Dann mal los.
Wir passierten die Straße oder ich sollte es besser als Schotterweg beschreiben, denn dieser Pfad, welcher dem Park am nächsten liegt, ist die internationale Straße nach Argentinien. Leider ist sie in einem furchtbaren Zustand, öffentliche Verkehrsmittel befahren diesen Teil des Landes nicht und abgesehen von schwer beladenen Minenfahrzeugen, gibt es keinen Verkehr.

Ohne ein Fahrzeug mit Allradantrieb kommt man auf diesen Straßen nur schwer, wenn überhaupt, voran.
Es ist unfassbar, durch was für Landschaften uns die Route führt. Links und rechts ragen hohe Berge hervor, zwischendurch ein paar grüne Stellen, auf denen einige wilde Pferde weiden. Der Staub wird neben unserem fahrenden Wagen hochgewirbelt und irgendwie wirkt die Natur etwas unreal, ja sogar lebensfeindlich. Denn ein ausgetrocknetes Flussbett links, die roten, staubigen Berge rechts und über uns der wolkenverhangene Himmel, bieten ein unsagbares Schauspiel der Natur.
Der zweite Stopp, etwa 50 Kilometer entfernt von Copiapo, einer Stadt im Norden Chiles am Rande der Atacama  Wüste und der Ausgangspunkt dieser Tour, eine Ruine, die Pukios Ruine. 5000 Bewohner beherbergte einst dieses Dorf, welches 1905 von der letzten Familie verlassen wurde. Man stelle sich das mal vor, mitten im Nirgendwo, von hohen Bergen und Steinen umgeben, gab es Polizei, eine Bahn, so etwas wie ein Supermarkt und Licht in den Straßen, obwohl Gas, mit dem die Lichter betrieben wurden, sehr gering war…

    

Ich bin beeindruckt von all’ den genutzten Möglichkeiten und werde fast umgeweht, denn der Wind peitscht, lässt uns kaum das eigene Wort verstehen.

Weiter geht’s, durch die hohen Berge, in denen viele Bewohner des Landes der Hauptarbeit, in den Mienen, nachgehen. Der Weg führt uns eine lange Zeit durch die Bergketten. Es ging hoch und runter, das Auto schüttelt uns regelrecht durch…
Hier und da sind die Berge in den unterschiedlichsten Farbtönen zu bestaunen. Vorbei an einer Herde wilder Esel ging es zu einer Felswand mit pyramidenartigen Formen, welche sich in bunten Farben über eine große Fläche in den Steinen erstrecken.


Nach einer weiteren Strecke durch die Serpentinen, immer höher in den Bergen, standen wir vor einer Salzlagune, die Wasser und Salz in den hellsten Farben präsentierte.

   

Witterung: sonnig, aber sehr windig und kalt! Dieser Anblick ist mit spektakulär schön am Besten zu beschreien. Der Kontrast zum weißen Boden und dem inzwischen wolkenlosen, blauen Himmel, mit den dunkeln Bergen und dem türkisfarbenen, klarem Wasser, ist einfach ein Wunder der Natur.

Geblendet und etwas durchgefroren gibt es einen leichten Snack im Truck und dann geht’s weiter. Nach der längsten Strecke am Stück, ein wenig Schlaf und vielen zurückgelegten Höhenmetern weiter oben (die 4000m hatten wir bereits geknackt) gelangten wir zum nächsten Highlight:

Laguna Verde, ein herrlicher Ort der regelrecht unwirklich wirkt. Auch hier, türkis blaues Wasser, welches von dem Wind und der Kraft der Sonne abhängt, lässt mich einfach nur sehr staunen. Eingebettet in die wunderschöne Landschaft, umringt von Bergen und der Copiapó Vulkan im Hintergrund, verleiht der Lagune eine ganz gewisse Besonderheit. 

   

Das Leuchten des Himmel und der eiskalte Wind bringen uns fast um den Verstand, aber die Möglichkeit, in einer heißen Quelle, direkt vor der Lagune zu baden, lasse ich mir nicht nehmen. Also rein in den Bikini und dann ab in das heiße Wasser. Eine Wohltat! Mit Mütze im dampfenden Wasser zu sitzen, den Wind im Gesicht zu spüren und sich der Natur ganz nah zu fühlen, dass muss man einfach selbst erlebt und gespürt haben! Da fehlen die Worte für eine ansatzweise gute Beschreibung… Der Ausstieg aus dem Wasser war nicht so schlimm wie erwartet. Natürlich kroch der stechend kalte Wind mir in die Knochen, doch ich war aufgewärmt, fühlte mich lebendig und gesund.

Nach einer kleinen Stärkung und warmen  Tee ging es abermals weiter hinein in die Berge, auf holperigen Wegen, Straßen kann man es kaum nennen. Bis zu einer kleinen grünen Oase, mit Wasserfall und atemberaubender Aussicht.

Dass wir in der Wüste sind, der Atacama Region, ist kaum vorstellbar, zumal das nächste und auch letzte Ziel für den Tag erreicht ist. Laguna de Santa Rosa. 

-Ein Blick auf das Display vom Handy, 19 Uhr!-

Die schneebedeckten Berge thronen über einer großen, einsam gelegener Lagune auf 3780 Metern über dem Meeresspiegel. Stolz zeigen sich verschiedene Flamingo-Arten auf dem Hochgebirgssee.

Ich würde sagen, dies ist ein wahres Geschenk der Natur. Ich blicke auf die Lagune hinaus und lasse alles auf mich wirken. So stehe ich da, minutenlang an diesem wunderschönen Ort und mein Blick schweift in die Ferne, ich atme tief ein und aus, blinzle ein paar mal öfter als üblich, um die ein oder andere Träne wegzudrücken. Diese Schönheit, welche mir auch hier oben in der Natur widerfährt ist nur sehr schwer zu beschreiben.

 

Hier lassen wir uns zum Schlafen nieder, genießen ein warmes Abendessen und werden einen schönen Sonnenaufgang erleben.

Nun bin ich wieder da angekommen, wo ich mich aktuell befinde. Ich sitze auf einer Bank, in meinen Schlafsack gekuschelt und tippe diese Zeilen.

 

Die uns bevorstehende Nacht, in einer Hütte, hoch oben im Gebirge, ohne Energieversorgung kann interessant werden.
Die Sonne ist komplett untergegangen und damit schwindet auch die Wärme dahin. Also heißt es ab ins Bett, Einkuscheln und gut schlafen.

Die Nacht war gemütlich, etwas kalt bei -9 Grad aber das frühe Aufstehen am Morgen hat sich gelohnt. Mit Blick auf die Berge vor der Tür, mit Eis bedecktem Wasser und der Sonne, die sich langsam hinter den Spitzen der Berge hervorkämpft um sich zu zeigen. Einmalig!

Wer die Berge kennt und die damit zusammenhängende Energie, der weiß wovon ich spreche. Hätte mir jemand erzählt, dass ich zum Ende des Jahres auf knapp 4000 Höhenmetern übernachten werde, dass ich mir die Zähne putze, während ich vor Kälte schlottere, mich dabei so glücklich und zufrieden fühle, ich hätte denjenigen für verrückt erklärt.

Aber hier bin ich also…

 

Abschließend kann ich noch sagen, dass wir unglaubliches Glück mit dem Wetter hatten. Innerhalb von Minuten kann sich alles drehen und der klare blaue Himmel verwandelt sich zu einer wolkenverhangenen Decke mit Schneesturm und heftigem Regen. Aber auch mit diesem Wissen hat sich der Ausflug gelohnt und ich würde es immer wieder machen.